Leopold von Buch und die Geologie der Alpen

Christian Leopold von Buch wird am 26. April 1774 in Stolpe, Landkreis Uckermark in Brandenburg, geboren. Er studiert gemeinsam mit Alexander von Humboldt an der Bergakademie Freiberg bei Abraham Gottlob Werner, dem Begründer der Geognosie (Gebirgskunde) in Deutschland, sowie an den Universitäten in Halle und Göttingen. Als Werners Schüler war er anfänglich ein Anhänger der Neptunismus-Theorie, wonach alle Gesteine als Ablagerungen aus einer wässrigen Lösung erklärt werden. Diese Erklärung passte zu den Basaltablagerungen Schlesiens, die anscheinend aus grob- und feinkörnigen Sedimenten hervorgegangen waren. Allerdings gab es schon damals Naturkundler die der Plutonismus-Theorie zugetan waren, wonach der Magmatismus und Vulkanismus die treibenden Kräfte hinter der Entstehung der Gesteine und Landschaften der Erde sind.

Im Jahr 1796 beschloss von Buch die Vulkane Europas zu studieren, um diese geologische Kontroverse zu klären. Im selben Jahr startet er daher gemeinsam mit von Humboldt eine Studienreise nach Italien. Die damaligen Kriegswirren während der Koalitionskriege halten sie aber zurück, sodass sie zunächst auf den Alpenhauptkamm und Salzkammergut ausweichen. Später besucht von Buch die “vulcanischen Berginseln im Venetianischen” (Tertiärer Vulkanismus in Norditalien) und in 1799 den Vesuv.

Von Buch erkennt hier Widersprüche in der Lehre des Neptunismus. In dem vulkanischen Gestein des Vesuvs kann er nämlich nachweißen, dass das Mineral Leucit direkt aus der geschmolzenen Lava auskristallisiert war. Zuvor hatte man angenommen, dass dieses Mineral aus dem von der Lava aufgenommenen Sedimentgestein stamme.

Nach seiner Italienreise begibt sich von Buch nach Paris, wo er unter anderem auf den berühmten Kristallgrafen René-Just Haüy trifft und es entwickelt sich eine herzliche Freundschaft. Mit dem Schweizer Jean-André Deluc, der den Begriff Geologie geprägt hat, kommt es dagegen zum erbitterten Streit über die Entstehung des Granits. Von Buch erklärt dieses Gestein nämlich noch als ein Sediment, im Gegensatz zu Deluc, der Granit als ein magmatisches Gestein interpretiert. Von 1800 bis 1802 hält sich von Buch in der Schweiz auf, um danach in die französische Auvergne zu reisen. Hier erkennt er, dass der Granit tatsächlich in Basalt übergehen kann. Da er nun wusste das Basalt ein vulkanisches Gestein ist – wie er eigenhändig am Vesuv beobachtet hatte – muss auch Granit ein magmatisches Gestein sein. Wärend der feinkörnige Basalt durch das schnelle Abkühlen des Magmas entsteht, entsteht der grobkörnige Granit durch die langsame Abkühlung, wobei die Kristalle mehr Zeit haben um zu wachsen und größer werden.

In den folgenden Jahren beschäftig sich Leopold von Buch weiter mit der Entstehung des Granits und seiner Bedeutung im Aufbau der Gebirge. Im Jahr 1806 reist er durch Skandinavien und kehrt in 1809 nach München zurück. Im Jahr 1814 hält sich Leopold von Buch für kurze Zeit in London auf. Danach setzt er seine Untersuchungen in den Alpen fort und reist auch zu den Kanarischen Inseln. Der Besuch der Kanaren bestätigte von Buch in seinen Glauben die Gebirgshebung mittels magmatischer Kräfte erklären zu können.

Laut seiner “vulkanischer Erhebungshypothese” entstehen Berge, wenn Gesteine durch lokale magmatische Aktivität, zum Beispiel die Intrusion von Granit, emporgehoben werden. Dabei werden die zunächst horizontal abgelagerten Sedimentschichten verfaltet, zerbrochen und steilgestellt.

„Die Hebung der Gebirge durch Kräfte, welche aus dem Inneren der Erde wirkend, gegen die starre Erdrinde kämpfend, sie zersprengend, Theile derselben emportreibend, deren Gestalt eigentlich begründen, erfolgt in ihrer Hauptlängenrichtung nach der Lage von Spalten, aus welchen die hebenden Gesteine hervorbrechen, während der in den Hauptketten dadurch erzeugte Druck seitlich wirkend eine Menge paralleler Nebenspalten erzeugt und den seitlichen Secundärketten ihr Dasein gibt.“

Im Jahr 1822 führt ihn eine längere Exkursion wieder durch die Alpen und auch nach Südtirol. Vulkanische Gänge, die hier die Sedimentgesteine der Dolomiten durchschlagen, beschreibt von Buch als ein klassisches Beispiel für seine vulkanischer Erhebungshypothese.

Geologischer Schnitt durch die “Tiroler Alpen.” Die Sedimentschichten werden hier durch magmatische Basalt- und Porphyrintrusionen verkippt und verstellt. Zeichnung der amerikanischen Illustratorin Orra White Hitchcock (1796-1863) nach Leopold von Buchs “vulkanischer Erhebungshypothese.”

Von Buch glaubte auch mit seiner Hypothese den symmetrischen Aufbau der Alpen erklären zu können. Die äußeren südlichen und nördlichen Zonen bilden Sedimente, die durch eine Intrusion aus magmatischen Gesteinen aufgefaltet und zur Seite gedrückt worden waren.

Die Alpen, Ausschnitt aus der ersten geologischen Karte Mitteleuropas, 1821. Hellblaue Signatur im Norden und Süden=Alpen-Kalk (Sedimente), Grüne Signatur im Norden und Süden=Sediment-Schiefer, Hellgelbe Signatur am Alpenhauptkamm=Granit-Gneis Formation.

Als er um 1835 schließlich alle Gebirge als “einer großen Kraftäußerung aus dem Erdinneren” entstammend erklärte, entbrannte ein Gelehrtenstreit, beinahe so heftig wie die vorherige Neptunisten-Plutonisten-Kontroverse.

Von Buch leistet Wichtiges auch für andere Zweige der Geologie. Im Jahre 1826 veröffentlicht er eine der ersten geologische Karten von Deutschland. Um 1837-39 prägte er den Begriff “Leitmuschel” um Fossilien mittels denen eine relative Altersdatierung möglich ist zu beschreiben. Als eine seiner bedeutendsten Leistungen gilt seine 1839 in Buchform veröffentlichte wissenschaftliche Definition des Gesteinssystems des Jura. Im Juli 1848 veröffentlichte eine Gruppe von 13 Geologen, Mineralogen und Bergleuten, darunter von Buch und von Humboldt, einen Aufruf zur Gründung einer Deutschen Geologischen Gesellschaft, die im Dezember auch gegründet wurde, mit von Buch als ihr erster Präsident.

Ammoniten als Leitfossilien der Muschekalk-Formation.

Noch bis kurz vor seinem Tode, im Berlin des Jahres 1853, war Leopold von Buch in der Welt unterwegs.

Literatur:

  • HUBMANN, B. (2009): Die großen Geologen. Marix Verlag: 192